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HEITEC versus HEITECH – Kather Augenstein für die HEITECH Promotion GmbH erfolgreich vor dem EuGH in Luxemburg

Der EUGH urteilt zur Verwirkung markenrechtlicher Ansprüche. In dem Markenrechtsstreit zwischen der Klägerin, der HEITEC AG, einerseits und der beiden Beklagten, der HEITECH Promotion GmbH sowie deren Geschäftsführer RW, andererseits hat der EuGH am 19. Mai 2022 nun sein Urteil gesprochen. Der Bundesgerichtshof hatte das Verfahren ausgesetzt und dem Gericht Rechtsfragen rund um die Verwirkung markenrechtlicher Ansprüche mit Blick auf die unionrechtskonforme Auslegung vorgelegt.

1. Sachverhalt

Konkret wehrt sich die Klägerin gegen die Benutzung des Unternehmenszeichens “HEITEC” durch die Beklagte. Diese nutzt spätestens seit 2004 das Unternehmenszeichen “HEITECH”. Am 6. Februar 2009 meldete sie ihre Unionsmarke an, diese wurde am 20. November 2008 eingetragen. Wenngleich die Klägerin seit dem 7. Juli 2008 Kenntnis von der Anmeldung dieser Marke hatte, mahnte sie die Beklagte erst im April 2009 ab und reichte am 31. Dezember 2012 Klage beim Landgericht Nürnberg-Fürth ein. Diese wurde jedoch, unter anderem wegen verzögerter Zahlung der Gerichtskosten durch die Klägerin, erst am 23. Mai 2014 zugestellt, also mehr als fünf Jahre nach Abmahnung der beklagten HEITECH Promotion GmbH.

2. Rechtliche Hintergründe

Primär geht es vor allem um die Rechtsfrage der Verwirkung der von HEITEC geltend gemachten markenrechtlicher Ansprüche.

Nachdem das Landgericht Nürnberg-Fürth sowie das Oberlandesgericht Nürnberg die in der Klage geltend gemachten Ansprüche für verwirkt hielten, sah der Bundesgerichtshof die Notwendigkeit, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH die jeweiligen Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Konkret lautete die Frage, ob bereits die Abmahnung durch den Inhaber der älteren Marke, also HEITEC, die Verwirkung verhindert oder, ob hierfür die Einschaltung einer Behörde bzw. ein gerichtliches Vorgehen erforderlich ist.

Darüber hinaus wollte der BGH vom EuGH wissen, ob es für die Berechnung des fünfjährigen Duldungszeitraumes im Sinne der einschlägigen europäischen Richtlinien im Falle eines gerichtlichen Rechtsbehelfs auf die Einreichung des Rechtsbehelfs bei Gericht oder den Zugang des Rechtsbehelfs beim Anspruchsgegner ankommt. Schließlich ging es um die Frage, ob die Verwirkung neben Unterlassungsansprüchen auch markenrechtliche Folgeansprüche, etwa auf Schadensersatz, Auskunft und Vernichtung erfasst.

Nach § 21 MarkenG sind markenrechtliche Unterlassungsansprüche grundsätzlich ausgeschlossen, soweit der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung die Benutzung dieser Marke während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat. Diese Regelung beruht auf Art. 9 Absätze 1 und 2 der EU-Markenrechtrichtlinie (EU) 2015/2436.

3. Entscheidung und Entscheidungsgründe

Nach Auffassung des EuGH sind die einschlägigen europarechtlichen Regelungen – Art. 9 der Richtlinie 2008/97 sowie die Art. 54, 110, 111 der Verordnung Nr. 207/2009 – dahingehend auszulegen, dass “eine Handlung, wie etwa eine Abmahnung, mit der sich der Inhaber einer älteren Marke oder eines sonstigen älteren Rechts der Benutzung einer jüngeren Marke widersetzt, ohne jedoch die für die Herbeiführung einer rechtsverbindlichen Lösung notwendigen Schritte zu unternehmen, die Duldung nicht beendet.” Eine Abmahnung beende dementsprechend auch nicht die Verwirkungsfrist.

Vereinfacht ausgedrückt: Eine Abmahnung reicht somit nicht für die Behauptung einer Verletzung der Markenrechte aus, erforderlich ist vielmehr ein gerichtliches oder behördliches Vorgehen.

Im Hinblick auf die Frage, ob es für den Zeitpunkt der Verwirkung auf die Einreichung oder die Zustellung der Klage ankommt, schloss sich der EuGH unserer Argumentation an und urteilt, dass – auch wenn es grundsätzlich auf die Einreichung ankomme – der Kläger nicht nachlässig sein dürfe, sondern das Verfahren soweit vorantreiben müsse, dass die Klage auch zugestellt wird. So sei es dem Kläger mit Blick auf die Rechtssicherheit nicht zugute zu halten, wenn er ein Verfahren zwar einleite, aber danach – eventuell sogar absichtlich – einen Schwebezustand belasse. Gleichwohl soll es nach Auffassung des EuGH darauf ankommen, ob der Kläger innerhalb des Fünfjahreszeitraums alles unternommen habe, um eine Zustellung zu bewirken. Im vorliegenden Fall hatte die HEITEC AG zwar rechtzeitig am 31. Dezember 2012 eine Klageschrift eingereicht. Das Gericht trat jedoch wiederholt an den Vertreter der HEITEC AG heran, um auf Mängel hinzuweisen, die die Zustellung verschiedener Klageschriften hinderten. So bezahlte die HEITEC AG beispielsweise den Gerichtskostenvorschuss erst ca. ein Jahr später.

Schließlich erstrecke sich die Verwirkung dem Urteil des EuGH zufolge auch auf sämtliche Neben- oder Folgeansprüche wie etwaige Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft oder die Vernichtung von Waren.

4. Bedeutung des Urteils

Die EuGH-Rechtsprechung konkretisiert vor allem den Umfang der Nutzung entsprechender Unternehmenszeichen und normiert Grenzen für die Geltendmachung markenrechtlicher Ansprüche durch die Inhaber älterer Rechte. Vor dem Hintergrund der dadurch geschaffenen Rechtsklarheit ist dieses Urteil daher sehr zu begrüßen.

Im Wesentlichen entspricht die Entscheidung den Entscheidungen der Vorinstanzen. Insbesondere ist erfreulich, dass der EuGH nun klargestellt hat, dass eine Abmahnung den Verwirkungszeitraum nicht unterbrechen kann und die Verwirkung auch Schadensersatzansprüche erfasst.