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UPC: Zuständigkeit für Klage gegen mehrere Gesellschaften im In- und Ausland (Lokalkammer München)
Mit Entscheidung vom 20.06.2025 hat die Lokalkammer München des Einheitlichen Patentgerichts (UPC) über mehrere Einsprüche gegen ihre internationale Zuständigkeit entschieden. Die Entscheidung betrifft eine grenzüberschreitende Patentverletzungsklage gegen vier verschiedene Unternehmen.
1. Sachverhalt
Die Klägerin macht geltend, dass verschiedene Mobilgeräte von ihrem europäischen Patent Gebrauch machen. Die Klage richtete sich gegen: Zwei konzernverbundene Unternehmen mit Sitz in den USA (Beklagte zu 1 und 2), eine deutsche Vertriebsgesellschaft desselben Konzerns (Beklagte zu 3), sowie ein niederländisches Logistikunternehmen (Beklagte zu 5), das angeblich in den Vertrieb der Geräte eingebunden ist.
Die Klägerin hatte mit der Klageschrift Art. 33 (1) lit. b EPGÜ als Grundlage für die Zuständigkeit der Lokalkammer München angeführt. Die Beklagten legten Einspruch nach R. 19 VerfO ein und rügten darin die Zuständigkeit und trugen u.a. vor, es bestehe keine relevante Geschäftsbeziehung zwischen den Beklagten. Die Klägerin ergänzte daraufhin ihren Vortrag im Einspruchserwiderungsschriftsatz um Art. 33 (1) lit. a EPGÜ und verwies auf eine konkrete Lieferung eines Mobilgeräts nach München.
2. Entscheidung der Lokalkammer München
Die Lokalkammer München hat den Einspruch der Beklagten zurückgewiesen. Der Einspruch der Beklagte zu 1 und 2 sei bereits unzulässig, weil die Beklagten zu 1 und 2 den Einspruch erst nach Ablauf der Monatsfrist erhoben haben. Der Einspruch der Beklagten zu 3 und 5 hingegen sei zwar zulässig, aber nicht begründet.
a) Beklagte zu 3 (deutsche Vertriebsgesellschaft)
Hinsichtlich der deutschen Tochtergesellschaft hat die Lokalkammer München ihre die Zuständigkeit unmittelbar aus Art. 33 (1) lit. b Satz 1 EPGÜ abgeleitet. Die Beklagte zu 3 hat ihre Hauptniederlassung in Deutschland, sodass eine deutsche Lokalkammer unabhängig vom konkreten Ort der Verletzungshandlung örtlich zuständig ist. Die weitergehende Rüge der mangelnden Substantiierung der Verletzungsvorwürfe war für die Zuständigkeitsprüfung unbeachtlich.
b) Beklagte zu 1 und 2 (US-amerikanische Gesellschaften)
Die Einsprüche der Beklagten zu 1 und 2 hat das Gericht bereits als unzulässig verworfen. Die Beklagten zu 1 und 2 haben ihre Einsprüche erst nach Ablauf der einmonatigen Frist gemäß Regel 19.1 VerfO eingelegt. Bei Zustellungen außerhalb der Vertragsmitgliedsstaaten kommt es in jedem Fall auf die tatsächliche Zustellung an, weil die 10-Tages-Fiktion nach R. 271 (6) (b) VerfO nur auf Zustellungen innerhalb und nicht auf außerhalb der Vertragsmitgliedsstaaten Anwendung findet. Die Beklagten zu 1 und 2 haben die Monatsfrist ausgehend von der tatsächlichen Zustellung der Klageschrift nicht eingehalten.
Ungeachtet dessen das Gericht die Begründetheit des Einspruchs hilfsweise geprüft. Das Gericht stellte fest, dass die Lokalkammer München für die Klage gegen diese beiden Beklagten nach Art. 33 (1) lit. b Satz 2 EPGÜ zuständig ist. Entscheidend war, dass eine der Mitbeklagten (Beklagte zu 3) ihren Sitz in Deutschland hat, zwischen den Beklagten eine Geschäftsbeziehung im Sinne des EPGÜ besteht und derselbe Verletzungsvorwurf erhoben wird. Die Kammer stellte klar, dass die Anforderungen an eine „Geschäftsbeziehung“ nicht zu hoch angesetzt werden dürfen. Eine konzerninterne Verbundenheit und arbeitsteilige Tätigkeit im Rahmen des Vertriebs genügen bereits.
c) Beklagte zu 5 (niederländisches Logistikunternehmen)
Die Lokalkammer München bejahte die Zuständigkeit für die Beklagten zu 5 wahlweise auf Grundlage von Art. 33 Abs. 1 lit. b Satz 2 oder lit. a EPGÜ. Zwar gehört die Beklagte zu 5 nicht demselben Konzern an wie die anderen Beklagten an, dennoch stellte das Gericht fest, dass eine Geschäftsbeziehung im Sinne von Art. 33 (1) lit. b Satz 2 EPGÜ gegeben sei, weil das Unternehmen als Logistikdienstleister europaweit für den Konzern tätig ist.
Hilfsweise bejahte das Gericht auch die Zuständigkeit gemäß Art. 33 (1) lit. a EPGÜ, weil die Beklagte zu 5 die Geräte auch nach Deutschland geliefert hat. Das Gericht betonte in diesem Zusammenhang, dass es für die Zuständigkeitsprüfung nicht auf den Beweis der Verletzung ankäme, sondern lediglich der Vortrag der Klägerin maßgeblich sei.
Dem steht auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin mit der Klageschrift nur auf eine Zuständigkeit nach Art. 33 (1) lit. b EPGÜ gestützt hat. Zwar setzt R. 13.1 (n) VerfO voraus, dass die Klägerin rechtliche Ausführungen bereits mit der Klageschrift machen muss. Dies setze aber nicht voraus, dass die Klägerin alle möglichen Verteidigungslinien vorwegnehmen muss. R. 13.1 (n) VerfO schließe nicht aus, dass die Klägerin ihren Vortrag im weiteren Verlauf konkretisiert bzw. auf Einwendungen seitens der Beklagten eingeht.
3. Fazit
Die Entscheidung der Lokalkammer München steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des UPC und zeigt auf, dass das UPC ein Forum ist, um grenzüberschreitende Patentverletzungsverfahren effizient an einem Ort zu bündeln. Die Entscheidung gibt insbesondere zu folgenden Punkten praxisrelevante Hinweise:
Die Frist zur Einlegung eines Einspruchs beginnt bei Zustellungen außerhalb der Vertragsmitgliedsstaaten mit der tatsächlichen Zustellung. Einträge im CMS sind nicht maßgeblich.
Die Anforderungen an eine „Geschäftsbeziehung“ im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. b Satz 2 EPGÜ sind weit zu verstehen und schließen konzerninterne sowie logistische Verbindungen ein.
Es ist grundsätzlich möglich sich auf zusätzliche Zuständigkeitsvorschriften im Laufe des Verfahrens zu berufen, auch wenn sie in der Klageschrift nicht ausdrücklich genannt wurden. Im Sinne der anwaltlichen Vorsicht, sollten aber möglichst zu beiden in Art. 33 (1) EPGÜ geregelten Zuständigkeitstatbeständen bereits in der Klageschrift vorgetragen werden.