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LG Mannheim – Kather Augenstein erstreitet Schutz sensibler Daten auch im Zwangsvollstreckungsverfahren

Das LG Mannheim hat in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 13.10.2021 (Az. 2 O 73/20) Geheimnisschutzmaßnahmen nach § 145a PatG i.V.m. §§ 16 ff. GeschGehG in einem Zwangsmittelverfahren erlassen. Damit gelang es Kather Augenstein erstmalig, sensible Daten von Mandanten gegenüber Dritten zu schützen, die sonst frei zugänglich wären. Dies ist insbesondere deswegen bedeutsam, weil Auskünfte über patentverletzende Produkte insbesondere Angaben über die Gewinnkalkulation und damit oftmals das „Tafelsilber“ eines Unternehmens offenbaren. Die Entscheidung erlaubt damit zum ersten Mal, den Zugriff auf und die Verwertung von sensiblen Daten innerhalb der Organisation des Patentinhabers zu beschränken.

Das LG Mannheim hält § 145a PatG auf das Zwangsvollstreckungsverfahren für anwendbar. Dies begründet die Kammer damit, dass § 145a PatG für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der §§ 16 bis 20 GeschGehG in Patentstreitsachen maßgeblich sei. Es käme daher nicht darauf an, dass die Vorschriften §§ 16 bis 20 GeschGehG in ihrem originären Anwendungsbereich allein für das Erkenntnisverfahren gelten. Der Begriff der Patentstreitsache sei weit zu verstehen und würde Zwangsvollstreckungsverfahren umfassen, die zudem in § 145a PatG von dem Anwendungsbereich nicht ausgeschlossen seien. Eine etwaige Einschränkung könnte man zudem der maßgeblichen Gesetzesbegründung zu § 145a PatG nicht entnehmen.

In der Literatur wird im Gegensatz dazu prominent vertreten, dass § 145a PatG auf Zwangsvollstreckungsverfahren nicht anwendbar sei (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl. 2022, Kap. D, Rn. 117). Entscheidungen aus Düsseldorf, ob § 145a PatG auf Zwangsmittel- oder Ordnungsverfahren Anwendung findet, sind derzeit nicht bekannt. In der Vortragsveranstaltung „Düsseldorfer Richtergespräche“ haben sich die Vortragenden dazu nicht geäußert. Es bleibt daher spannend, ob sich Düsseldorf der Linie aus Mannheim anschließt.

Darüber hinaus dürfte sich in Zukunft zudem die Frage stellen, in welchen Fällen Gerichte zusätzliche Maßnahmen nach § 19 Abs. 1 GeschGehG erlassen. In dem vorliegenden Beschluss hat das LG Mannheim im Rahmen der gebotenen Abwägung zusätzliche Maßnahmen angeordnet. Dabei hat die Kammer insbesondere den Umstand herangezogen, dass die Auskunft und Rechnungslegung nur zweckgebunden sei und daher eine Einschränkung auf den Personenkreis für die Gläubigerin keinen Nachteil darstelle. Ob andere Gerichte ebenfalls eine Zweckbindung der Auskunft und Rechnungslegung in die Abwägung einfließen lassen, dürfte sich erst in der Zukunft zeigen. Spannend dürfte zudem auch sein, wie die Interessen der Parteien im Erkenntnisverfahren zukünftig abgewogen werden. Die Parteien können diese Fragen aber von vornherein umgehen, indem sie sich beispielsweise auf die Einschränkung der Personen außergerichtlich einigen.

Carsten Plaga