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Neues aus Luxemburg: Berufungsgericht bestätigt und detailliert seine bisherige Rechtsprechung zur Auslegung, erfinderischen Tätigkeit und Verhältnismäßigkeit

EPG (Berufungsgericht), Entsch. v. 25.11.2025 – UPC_CoA_457/2024, UPC_CoA_458/2024, UPC_CoA_464/2024, UPC_CoA_530/2024, UPC_CoA_532/2024, UPC_CoA_533/2024, UPC_CoA_21/2025, UPC_CoA_27/2025 – Edwards Lifesciences ./. Meril

In dem Verfahrenskomplex Edwards Lifesciences ./. Meril hat das Berufungsgericht des Einheitlichen Patentgerichts am 25.11.2025 seine Entscheidung veröffentlicht. Dabei bestätigt es nicht nur seine bisherige Rechtsprechung zur Auslegung von Patenten, sondern spezifiziert auch seine Rechtsprechung zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit sowie zur Verhältnismäßigkeit des Unterlassungsanspruchs und anderer Maßnahmen.

Sachverhalt

Die Edwards Lifesciences Corporation, Muttergesellschaft der Edwards Lifesciences Group, die unter anderem auf dem Gebiet der Entwicklung und dem Vertrieb künstlicher Herzklappen und Zubehör tätig ist, reichte am 01.06.2023 Klage bei der LK München wegen Verletzung des Europäischen Patents EP 3 646 825 („Klagepatent“) betreffend ein System bestehend aus künstlicher Herzklappe und Einführkatheter gegen die Meril Life Sciences Pvt Ltd., einen Medizinproduktehersteller, und deren europäische Vertriebsgesellschaft Meril GmbH ein. Am 04.08.2023 erhob die italienische Vertriebsgesellschaft Meril Italy S.R.L vor der ZK Paris Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent. Am 02.11.2023 reichten die Meril Life Sciences Pvt Ltd. und die Meril GmbH eine Widerklage auf Nichtigerklärung ein. Mit seiner Erwiderung auf die Widerklage am 09.01.2024 übermittelte Edwards auch einen Antrag auf Änderung des Patents ein. Einen entsprechenden Antrag auf Änderung (dem bereits ein erster Antrag vorausgegangen war, über den die Entscheidung noch offen war) reichte Edwards am 22.01.2024 ein, der jedoch am 27.02.2024 zurückgewiesen wurde. Die Berufung wurde nicht zugelassen und auch die Ermessensprüfung durch das Berufungsgericht führte zu keinem anderen Ergebnis. Am 28.03.2024 verwies die LK München die Widerklage auf Nichtigerklärung an die ZK Paris. Mit Schriftsätzen vom 11.04.2024 und 12.04.2024 beantragte Edwards sowohl im Nichtigkeitsverfahren als auch im Widerklageverfahren eine weitere Änderung des Patents, durch die die Zahl der gestellten Anträge reduziert wurde.

Am 19.07.2024 wies die ZK Paris die Nichtigkeitsklage und die Widerklage auf Nichtigerklärung teilweise ab und erhielt das Klagepatent auf Basis des 2. Hilfsantrags aufrecht.

Im Verletzungsverfahren verurteilte die LK München Meril Life Sciences Pvt Ltd. und Meril GmbH wegen Verletzung des Klagepatents durch Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen. Ausgenommen von Rückruf und Vernichtung war die XL-Variante der angegriffenen Ausführungsform, soweit sie für die Behandlung von Patienten bis zum 15.11.2024 bereits eingeplant waren. Den Unterlassungsanspruch erachtete die Lokalkammer nur deshalb als verhältnismäßig, weil die XL-Variante im Einzelfall bei Bedarf eines Patienten vertrieben werden durfte, sofern ein Arzt entsprechende Patientendaten in das „Medical Device Portal“ von Edwards geladen hat und eine Prüfung durch Ärzte von Edwards ergibt, dass kein Edwards-Produkt für den konkreten Patienten in Betracht kommt.

Beide Parteien legten Berufung sowohl gegen die Entscheidungen betr. die Nichtigkeitsklage und die Widerklage auf Nichtigerklärung als auch gegen die Entscheidung betr. die Verletzung des Klagepatents ein. Daneben legten die Parteien jeweils noch gegen Einzelentscheidungen Berufung ein, die hier nicht weiter vertieft werden sollen.

Entscheidung des Berufungsgerichts

Das Berufungsgericht bestätigt im Wesentlichen die Entscheidungen der LK München und der ZK Paris.  

Anstatt auf die Details des konkreten Falls einzugehen, fokussiert die nachfolgende Darstellung die verallgemeinerungsfähigen Feststellungen des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit der Auslegung, der erfinderischen Tätigkeit und der (Un-)Verhältnismäßigkeit des Unterlassungsgebots und anderer Maßnahmen.

1. Auslegung des Klagepatents

Im Rahmen der Auslegung bestätigt das Berufungsgericht in verkürzter Fassung die Auslegungsgrundsätze, die es bereits in Sachen „NanoString v 10x Genomics“ (EPG (Berufungsgericht), Entsch. v. 26.02.2024 – UPC_CoA_335/2023) angeführt hat (deutsche Übersetzung):

„Der Patentanspruch ist nicht nur der Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs eines europäischen Patents nach Art. 69 EPÜ in Verbindung mit dem Protokoll über die Auslegung von Art. 69 EPÜ. Für die Auslegung eines Patentanspruchs kommt es nicht allein auf seinen genauen Wortlaut im sprachlichen Sinne an. Vielmehr sind die Beschreibung und die Zeichnungen als Erläuterungshilfen für die Auslegung des Patentanspruchs stets mit heranzuziehen und nicht nur zur Behebung etwaiger Unklarheiten im Patentanspruch anzuwenden. Diese Grundsätze für die Auslegung eines Patentanspruchs gelten gleichermaßen für die Beurteilung der Verletzung und des Rechtsbestands eines europäischen Patents.“

Daneben finden sich in der Entscheidung mit Bezug auf die Auslegung der relevanten Merkmale der Lehre des Klagepatents weitere Auslegungsgrundsätze, die auch bereits aus der deutschen Rechtsprechung bekannt sind. So stellt das Berufungsgericht bspw. fest, dass Begriffe des Anspruchs im Kontext des Patents aus Sicht der Fachperson auszulegen sind, nach deutscher Diktion also, dass das Klagepatent sein eigenes Lexikon bildet. Im Zusammenhang mit den Ausführungsbeispielen des Klagepatents stellt es fest, dass der Anspruch nicht im Wege der Auslegung auf ein spezifische Ausführungsbeispiel beschränkt werden dürfe. Andererseits könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass eine Vorrichtung oder ein Verfahren, das in der Patentschrift als Ausführungsform dargestellt wird, auch von den Patentansprüchen erfasst wird. Etwas anderes könne nur dann angenommen werden, wenn das Patent insgesamt der Fachperson eindeutig vermittle, dass die offen gelegte Ausführungsform nicht beansprucht wird, z.B. wenn sie lediglich eine technische Spezifikation veranschaulicht, die nicht behandelt wird.

2. Erfinderische Tätigkeit

Im Zusammenhang mit der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit spezifiziert das Berufungsgericht seine Rechtsprechung, die der Entscheidung in Sachen „NanoString v 10x Genomics“ zugrunde gelegen hat (EPG (Berufungsgericht), Entsch. v. 26.02.2024 – UPC_CoA_335/2023) und wie sie nunmehr in den Leitsätzen 4 ff., insb. 7 ff. Niederschlag gefunden hat (deutsche Übersetzung):

„7. Der Ansatz des Einheitlichen Patentgerichts bei der Feststellung der erfinderischen Tätigkeit, der sich bereits aus dem Beschluss des Berufungsgerichts in der Rechtssache Nanostring gegen 10X Genomics (UPC_CoA_335/2023, Beschluss vom 26. Februar 2024) ableiten lässt, lautet wie folgt.

8. Zunächst muss festgestellt werden, was der Gegenstand der Erfindung ist, d.h. das objektive Problem. Dies muss aus der Sicht der Fachperson […] mit ihrem allgemeinen Fachwissen zum Zeitpunkt der Anmeldung oder der Priorität (auch als maßgeblicher Zeitpunkt bezeichnet) des Patents beurteilt werden. Dies muss durch die Feststellung erfolgen, was die Erfindung zum Stand der Technik beiträgt, und zwar nicht durch Betrachtung der einzelnen Merkmale des Anspruchs, sondern durch Vergleich des Anspruchs als Ganzes im Zusammenhang mit der Beschreibung und den Zeichnungen, wobei auch das der Erfindung zugrunde liegende erfinderische Konzept (die technische Lehre) zu berücksichtigen ist, das auf der/den technischen Wirkung(en) beruhen muss, die die Fachperson auf der Grundlage der Anmeldung mit der beanspruchten Erfindung als erreicht versteht.

9. Um eine rückschauende Betrachtung zu vermeiden, sollte das objektive Problem keine Hinweise auf die beanspruchte Lösung enthalten. Die beanspruchte Lösung ist naheliegend, wenn die Fachperson zum maßgeblichen Zeitpunkt, ausgehend von einem realistischen Ausgangspunkt im Stand der Technik auf dem betreffenden Gebiet der Technik, der das objektive Problem lösen möchte, zu der beanspruchten Lösung gelangt wäre (und nicht nur: gelangen könnte).

10. Der relevante Technikbereich ist der spezifische Bereich, der für das zu lösende objektive Problem relevant ist, sowie jeder Bereich, in dem das gleiche oder ein ähnliches Problem auftritt und von dem zu erwarten ist, dass er dem Fachmann auf dem Gebiet des spezifischen Bereichs bekannt ist.

11. Ein Ausgangspunkt ist realistisch, wenn seine Lehre für eine Fachperson, die zum Stichtag das objektive Problem lösen möchte, von Interesse gewesen wäre. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der relevante Stand der Technik bereits mehrere Merkmale offenbart, die denen der beanspruchten Erfindung ähnlich sind, und/oder dasselbe oder ein ähnliches zugrunde liegendes Problem wie das der beanspruchten Erfindung behandelt.

Es kann mehr als einen realistischen Ausgangspunkt geben, und die beanspruchte Erfindung muss ausgehend von jedem dieser Ausgangspunkte erfinderisch sein.

12. Die Fachperson verfügt über keine erfinderischen Fähigkeiten und keine Vorstellungskraft und benötigt einen Anhaltspunkt oder Anlass, der ihr ausgehend von einem realistischen Ausgangspunkt dazu veranlasst, einen nächsten Schritt in Richtung der beanspruchten Erfindung zu unternehmen. In der Regel ist eine beanspruchte Lösung als nicht erfinderisch/offensichtlich anzusehen, wenn die Fachperson, angeregt durch den Anhaltspunkt oder routinemäßig, den nächsten Schritt unternimmt und zu der beanspruchten Erfindung gelangt.

13. Damit eine erfinderische Tätigkeit vorliegt, muss nicht nachgewiesen werden, dass die technische Lehre gemäß den Patentansprüchen gegenüber dem Stand der Technik verbessert wurde. Eine erfinderische Tätigkeit kann auch vorliegen, wenn die Patentansprüche eine nicht naheliegende Alternative zu den im Stand der Technik bekannten Lösungen offenbaren.“

Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt das Berufungsgericht im vorliegenden Fall fest, dass die Lehre des Klagepatents erfinderisch gegenüber dem angeführten Stand der Technik ist. Zum Teil lehrten die Dokumente ausdrücklich von der erfindungsgemäßen Lösung weg, zum Teil offenbarten sie mindestens eines der maßgeblichen Merkmale des Klagepatents nicht und zum Teil war nicht ersichtlich, dass die Fachperson Veranlassung zur Weiterentwicklung der Lehre der jeweiligen Entgegenhaltung bzw. zur Kombination der Lehren der Entgegenhaltungen hatte. Dabei übergeht das Berufungsgericht auch uA eine vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung des EPA zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit eines Patents aus derselben Patentfamilie wie das Klagepatent ausgehend von einem Dokument, dass auch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war. 

3. Verhältnismäßigkeit des Unterlassungsgebots und weiterer Maßnahmen

Schließlich bestätigt das Berufungsgericht die Verletzung des Klagepatents durch die angegriffenen Ausführungsformen. Bei den Anordnungen sieht es allerdings Korrekturbedarf.

Sowohl mit Blick auf die Maßnahmen nach Art. 64 EPGÜ als auch das Unterlassungsgebot nach Art. 63 EPGÜ stellt das Berufungsgericht fest, dass diese nicht im Ermessen des Gerichts stehen. Im Falle einer Verletzung seien in der Regel die Maßnahmen auszusprechen, wie es auch bereits in „Belkin ./. Philips“ (EPG (Berufungsgericht), Entsch. v. 03.10.2025 – UPC_CoA_534/2024, UPC_CoA_683/2024, UPC_CoA_19/2025 – Belkin ./. Philips). Gleiches gelte für die Unterlassungsanordnung nach Art. 63 EPGÜ. Etwas anderes gelte nur ausnahmsweise dann, wenn sich die Maßnahmen bzw. das Unterlassen als unverhältnismäßig erwiesen.

Mit Blick auf die Maßnahmen nach Art. 64 EPGÜ folge dies aus Art. 10 Enforcement-RiLi, nach dem EU-weit ein einheitlicher, hoher Schutz gewährleisten werden soll. Die Anordnung der Maßnahmen müsse daher der Regelfall sein vgl. auch (EPG (Berufungsgericht), Entsch. v. 03.10.2025 – UPC_CoA_534/2024, UPC_CoA_683/2024, UPC_CoA_19/2025 – Belkin ./. Philips). Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung seien die Umstände des Einzelfalls entscheidend, wobei die Ernsthaftigkeit der Verletzung und der Maßnahmen, die Bereitschaft des Verletzers, die Verletzungsform in einen patentfreien Zustand zu versetzen, und Drittinteressen zu berücksichtigen seien.

Mit Blick auf das Unterlassen nach Art. 63 EPGÜ folge entsprechendes aus Art. 11 Enforcement-Rili. Im Einklang mit Art. 17(2), 47 GRCh sehe die Enforcement-Rili unterschiedliche Mittel vor, um einen hohen Schutz zu gewährleisten. Dem Patentinhaber müsse eine effektive Rechtsdurchsetzung möglich sein, der Patentbenutzer müsse vor der Nutzung eine Lizenz erlangen. Ein Unterlassen scheide daher nur aus, wenn die Anordnung nicht verhältnismäßig ist, vgl. Art. 3 Enforcement-Rili. Auch hier seien die Parteiinteressen und Drittinteressen zu berücksichtigen.

Ausgehend hiervon stellt das Berufungsgericht für den Bereich der Medizinprodukte fest, dass eine Unverhältnismäßigkeit dann in Betracht kommt, wenn die Verletzungsform die einzig verfügbare Behandlungsmöglichkeit ist oder eine Verbesserung der vorhandenen Behandlungen darstellt, die zu einer spürbaren Verbesserung der Patientenversorgung führt. 

Im Ergebnis entsprach das Berufungsgericht den Feststellungen der LK München, dass die XL-Variante der angegriffenen Ausführungsform vom Unterlassungsgebot ausgenommen sein müsse, sieht aber dennoch Korrekturbedarf bzgl. der Anordnung. Das Berufungsgericht ist insoweit der Ansicht, dass die Verfügbarkeit des Produkts nicht von Edwards‘ Bereitschaft abhängen sollte, das Portal zu erhalten, bzw. von der Einschätzung von Edwards‘ Ärzten. Es müsse vielmehr ausreichen, dass ein Arzt eines Patienten mitteilt, die Variante nutzen zu wollen und es sich hierbei um die einzige Möglichkeit handelt, den Patienten zu behandeln.

Fazit

Was die vom Berufungsgericht erneut angeführten Auslegungsgrundsätze anbelangt, so ergeben sich diese entsprechend aus Art. 1 des Protokolls über die Auslegung des Artikels 69 EPÜ. Die Große Beschwerdekammer des EPA hat erst kürzlich in Sachen „Heated Aerosol Generating Article“ (EPA (GBK), Entscheidung vom 18.6.2025 – G 1/24) in entsprechender Weise die Grundsätze der Patentauslegung zusammengefasst. Auch in der deutschen Rechtsprechung sind diese Grundsätze anerkannt (vgl. bspw. BGH GRUR 2015, 875 – Rotorelemente). Das Berufungsgericht stellt klar, dass diese Auslegungsgrundsätze sowohl mit Blick auf die Verletzung als auch den Rechtsbestand gelten.

Was die Grundsätze zur Ermittlung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens erfinderischer Tätigkeit anbelangt, so bestätigt auch hier das Berufungsgericht seine bisherige Rechtsprechung, abstrahiert diese jedoch in Form eines Prüfungsschemas.

Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, dass die unterschiedlichen Ansätze zur Ermittlung der erfinderischen Tätigkeit zu demselben Ergebnis führen sollten. Tatsächlich existieren weitaus weniger Unterschiede zwischen dem Problem-Solution Approach und dem Ansatz des BGH als mitunter angenommen wird (vgl. Deichfuß, GRUR 2024, 94). Das Berufungsgericht präsentiert nun abstrahiert seinen eigenen Ansatz. Wünschenswert wäre eine kurze Begründung gewesen, warum das Berufungsgericht nicht den Ansatz des EPA übernimmt. So scheint das Berufungsgericht das objektive Problem bzw. die Aufgabe nicht anhand des nächstliegenden Stands der Technik zu definieren. Im Übrigen greift das Berufungsgericht allerdings auf Prüfungspunkte und Terminologie zurück, die sich sowohl in der deutschen Rechtsprechung als auch der des EPA wiederfinden lässt. So kommt es auch nach dem Berufungsgericht nicht darauf an, ob die Fachperson zur erfindungsgemäßen Lösung hätte gelangen können, sondern ob er hierzu auch gelangt wäre. Ebenso ist sowohl der deutschen Rechtsprechung als auch der des EPA der Begriff des Ausgangspunkts geläufig, wobei das EPA allerdings vom „erfolgversprechendsten“ Ausgangspunkt spricht und nicht bloß von einem „realistischen“ wie das Berufungsgericht. Es bleibt abzuwarten, wie das EPG dieses Prüfungsschema in Zukunft anwenden und mit Leben füllen wird, um den Ansatz besser einordnen zu können.

Was schließlich die Frage der Verhältnismäßigkeit des Unterlassungsgebots und weiterer Maßnahmen anbelangt, so dürften Verletzer aufgrund der Entscheidung in Sachen Belkin ./. Philips“ und der vorliegenden Entscheidung aufhorchen. Infolge der Feststellung, dass im Falle einer Verletzung im Regelfall ein Unterlassungsgebot und weitere Maßnahmen aufzuerlegen sind, dürfte die Annahme einer „automatic injunction“, wie sie aus der deutschen Rechtsprechung bekannt ist, nicht weit hergeholt sein. Es ist daher zu vermuten, dass Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte auch beim EPG in Zukunft kaum zu einem abweichenden Ergebnis führen werden. Für den Bereich der Medizinprodukte hat das Berufungsgericht allerdings klargestellt, dass Unverhältnismäßigkeit ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn die Verletzungsform die einzig verfügbare Behandlungsmöglichkeit ist oder eine Verbesserung der vorhandenen Behandlungen darstellt, die zu einer spürbaren Verbesserung der Patientenversorgung führt. 

Dr. Benjamin Pesch