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Patent auf Braugerste: Weiterhin Unklarheiten bei der Vergabe von Biopatenten

Patent aufs kühle Blonde – geht das? Vergabe von Biopatenten weiterhin nicht abschließend geklärt. Des Deutschen liebstes Getränk ist das Bier – genauer gesagt das Pils, und das feiert in diesem Jahr seinen 180. Geburtstag. Wir nehmen dieses Jubiläum und das erst kürzlich stattgefundene Oktoberfest zum Anlass, einen Blick auf die patentrechtliche Seite des Getränks zu werfen.

Sogenannte Biopatente, also Patente im biotechnologischen Bereich, stehen immer wieder im Mittelpunkt von gesellschaftspolitischen Debatten. Regelmäßig legen Verbraucher- und Umweltschutzorganisationen Beschwerden gegen Biopatente im Lebensmittelbereich ein. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem die Frage nach der Patentierbarkeit von Pflanzen aus konventioneller Zucht.

Patentschutz für Mutationen?

Bei der Klärung dieser Frage ist der Artikel 53 (b) EPÜ von großer Relevanz. Nach diesem ist ein Patentschutz für Pflanzensorten oder Tierrassen sowie biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren nicht möglich. Mikrobiologische Verfahren und die mithilfe dieser Verfahren gewonnenen Erzeugnisse sind demgegenüber patentierbar. Mit dieser Regelung soll die biologische Vielfalt geschützt werden.

In der Praxis ist diese vom Art. 53 (b) vorgenommene Trennung jedoch weitaus komplexer als sie auf den ersten Blick erscheint und führt zu der von Kritikern oft monierten Tatsache, dass der Patentschutz traditionelle Züchtung und Vielfalt zurückdrängt. Denn: Während die technischen Schritte vor oder nach dem Kreuzungs- oder Selektionsverfahren patentierbar sind, so ist jeder Kreuzungsschritt in der Zucht ein Hindernisgrund für Patentierbarkeit. Das führt in der Folge dazu, dass technische Auswahlverfahren oder Product-by-Process-Ansprüche sowie technisch induzierte Mutationen, die patentierbar sind, in den Fokus geraten.

Braugerste unter Patentschutz.

So haben die großen Bierkonzerne Heineken und Carlsberg über ein Dutzend Patente auf Braugerste-Mutationen angemeldet. Gegen Einige regt sich Widerstand, beispielsweise gegen das Patent „Getränke aus Gerste und Malz mit niedrigem Gehalt an Dimethylsulfid“ (EP2373154). Ein Bündnis aus 35 Aktionspartnern hatte vor dem Europäische Patentamt (EPA) Beschwerde dagegen eingereicht. Nach Ansicht der Beschwerdeführer gelte in diesem Patent eine genetisch zufällige Anpassung, die aus herkömmlicher, konventioneller Züchtung stammt, als Erfindung. Es sei zu befürchten, dass die gesamte biologische Vielfalt bei Nutzpflanzen beeinträchtigt wird, wenn Patentschutz die klassische Züchtung zurückdränge.

Laut Patentbeschreibung beziehe sich jedoch die Erfindung auf Gerstenpflanzen, die eine Mutation im Gen tragen. Diese ermögliche eine Herstellung von Getränken mit besseren Geschmacksprofilen sowie eine nennenswerte Verringerung des thermischen Energieeinsatzes im Herstellungsverfahren von Bier.

Entscheidung des EPA.

Am 8. Juni 2021 wies die Technische Beschwerdekammer des EPA die Beschwerde gegen das Patent von Heineken und Carlsberg zurück. Damit bestätigte das Amt die Patentierbarkeit von Pflanzen mit Mutationen, die Einfluss auf die Geschmacksbildung haben, versäumte es jedoch, die grundsätzliche Frage der Patentierbarkeit von Pflanzen aus konventioneller Züchtung zu klären.

Das EPA hat in den letzten Jahren immer wieder Patente auf Pflanzen vergeben, die nicht gentechnisch, sondern konventionell erzeugt wurden. Im vorliegenden Fall wurde die natürliche Mutation der Gerstensorte dadurch ausgelöst, dass die Mutationsrate künstlich beschleunigt wurde. Das reichte dem Amt zur Patentierbarkeit.

Es wird deutlich: Obwohl die europäischen Patentgesetze es verbieten, konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere als Erfindung zu beanspruchen, gibt es zahlreiche Schlupflöcher. Es mangelt an einer klaren Unterscheidung zwischen zufälligen Mutationen und gentechnischen Anwendungen.

Kritik und Folgen.

In Deutschland hat die Vorgängerregierung der jetzigen Bundesregierung klargemacht, dass sie keine Patente auf konventionelle Züchtungen will. Die meisten anderen Staaten der 38 Vertragsnationen der europäischen Patentbehörde teilen diese Sicht. Um das beim Patentamt durchzusetzen, bedarf es aber einer klaren politischen Weisung, welche bislang ausbleibt.

Ändert sich nichts, befürchten Kritiker eine Verdrängung von klassischer Züchtung und der betroffenen Landwirte, Züchter oder Bierhersteller. Gerade kleine Privatbrauereien haben häufig nicht die nötigen finanziellen Mittel, eigene Patente anzumelden sowie für die damit verbundenen, im Streitfall eventuell anfallenden Anwalts- und Gerichtskosten aufzukommen.