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Geheimnisschutz in Patentstreitsachen (§ 145a PatG) – Düsseldorfer Praxis
Mit der Einführung des § 145a PatG (18.08.2021) hat der Gesetzgeber eine Möglichkeit geschaffen, in Patentstreitsachen Geschäftsgeheimnisse durch die entsprechende Anwendung des Geschäftsgeheimnisgesetzes zu schützen.
Mittlerweile sind erste Beschlüsse auf der Basis von § 145a PatG ergangen. Nach wie vor sind aber zahlreiche materielle und prozessualen Fragen offen. So hat beispielsweise die 4b. Kammer des Landgerichts Düsseldorfs in einem Verfahren allgemeine Hinweise erlassen, wie in der Praxis zumindest vor den Düsseldorfer Patentstreitkammern zu verfahren ist.
1. ANTRAGSFASSUNG
Diese allgemeinen Hinweise stellen dem Antragssteller anheim, ob der Antrag auf Geheimnisschutz mit dem entsprechenden Schriftsatz oder vorweg gestellt wird. Wenn der Antrag auf Geheimnisschutz mit dem Schriftsatz gestellt wird, sollte der Antrag jedoch besonders kenntlich gemacht werden, damit das Gericht diesen nicht versehentlich der Gegenseite zustellt. Zudem sollte eine geschwärzte und eine gekennzeichnete Version des Schriftsatzes eingereicht werden.
Interessant an den allgemeinen Hinweisen ist, dass die konkreten Informationen, die unter die Anordnung fallen sollen, in den Antrag aufgenommen werden müssen. Ein Verweis auf Textstellen im Schriftsatz oder Anlagen reiche demnach nicht aus. Dies hätte den Vorteil, dass die Anordnung damit auch auf zukünftige Schriftsätze Anwendung findet, ohne, dass ein neuer Antrag gestellt werden muss. Dieser Punkt dürfte das Verfahren erheblich praktikabler machen, insbesondere wenn der Antrag auf Geheimnisschutz am Anfang der Patentstreitsache gestellt wird. Dies zieht aber auch nach sich, dass beide Parteien in den Folgeschriftsätzen diszipliniert jeweils die Informationen, die unter die Anordnung fallen kennzeichnen und zusätzlich eine geschwärzte Fassung einreichen müssen.
2. ANGEMESSENE GEHEIMHALTUNGSMASSNAHME
Schwerpunkt der Begründung des Antrags dürften in den meisten Fällen sein, die angemessenen Geheimhaltungsmaßen nach § 2 GeschGehG glaubhaft zu machen. Dies gilt für die Informationen, für die der Antragsteller Schutz begehrt. Wie hoch die Anforderungen an die angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen sind, richtet sich nach dem Einzelfall. Hier hat sich bereits gezeigt, dass Gerichten auf diesen Punkt ein besonderes Augenmerk legen.
Vorgelagert stellt sich selbstverständlich die Frage, ob die Information nach § 2 Nr. 1 a) GeschGehG geheim ist. Auf Antragstellerseite ist daher ebenfalls darauf zu achten, dass mit dem Geheimnisschutzantrag die Informationen nicht offenbart werden, mithin der Antrag bzw. der Schriftsatz nur an das Gericht und nicht ungeschwärzt an die andere Partei gesendet wird. Erhält die Gegenseite die Informationen, bevor das Gericht über die Anordnung entschieden hat, könnten die Voraussetzungen nach § 2 Nr. 1 a) GeschGehG nicht mehr gegeben sein.
3. VERFAHRENSABLAUF
Der Verfahrensablauf richtet sich entsprechend der Verweisung im § 145a PatG nach § 20 GeschGehG. Dies spiegeln die allgemeinen Hinweise der 4b. Kammer des LG Düsseldorf wider. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Gegenseite unabhängig vom Erfolg des Antrags die aus Sicht des Antragstellers geheimhaltungsbedürftigen Informationen erhalten wird. Dem entgegnen kann der Antragsteller nur, indem er den Antrag auf Geheimnisschutz vorweg stellt. Dann steht der Antragsteller aber vor dem Dilemma, dass er nach den allgemeinen Hinweisen einerseits die Informationen konkret im Antrag benennen soll, andererseits die Informationen aber durch den Antrag nicht preisgeben möchte. In solchen Fällen wird es dann darauf ankommen, wie konkret die Informationen in den Anträgen aufgenommen werden müssen. Dies wird die Praxis zeigen. Erst einmal führt dies aber für den Antragsteller zu einer unerwünschten Unsicherheit.
4. OFFENE FRAGEN
Unbeantwortet lassen die allgemeinen Hinweise der 4b. Kammer noch die Frage, ob eine Anordnung auf Geheimnisschutz beispielsweise auch im Zwangsmittelverfahren denkbar ist. In der Literatur ist dies umstritten. Die Auskunft und Rechnungslegung enthalten regelmäßig sensible Informationen, die ein Geschäftsgeheimnis darstellen. Die Frage weist daher praktisch eine hohe Relevanz auf. Das Landgericht Mannheim hat die Anwendung des § 145a PatG auf das Zwangsmittelverfahren zuletzt bejaht. In der Literatur wird zumindest teilweise die gegenteilige Auffassung vertreten, sodass die Frage spannend bleibt.
Carsten Plaga

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HEITEC versus HEITECH – Kather Augenstein für die HEITECH Promotion GmbH erfolgreich vor dem EuGH in Luxemburg
Der EUGH urteilt zur Verwirkung markenrechtlicher Ansprüche. In dem Markenrechtsstreit zwischen der Klägerin, der HEITEC AG, einerseits und der beiden Beklagten, der HEITECH Promotion GmbH sowie deren Geschäftsführer RW, andererseits hat der EuGH am 19. Mai 2022 nun sein Urteil gesprochen. Der Bundesgerichtshof hatte das Verfahren ausgesetzt und dem Gericht Rechtsfragen rund um die Verwirkung markenrechtlicher Ansprüche mit Blick auf die unionrechtskonforme Auslegung vorgelegt.
1. Sachverhalt
Konkret wehrt sich die Klägerin gegen die Benutzung des Unternehmenszeichens “HEITEC” durch die Beklagte. Diese nutzt spätestens seit 2004 das Unternehmenszeichen “HEITECH”. Am 6. Februar 2009 meldete sie ihre Unionsmarke an, diese wurde am 20. November 2008 eingetragen. Wenngleich die Klägerin seit dem 7. Juli 2008 Kenntnis von der Anmeldung dieser Marke hatte, mahnte sie die Beklagte erst im April 2009 ab und reichte am 31. Dezember 2012 Klage beim Landgericht Nürnberg-Fürth ein. Diese wurde jedoch, unter anderem wegen verzögerter Zahlung der Gerichtskosten durch die Klägerin, erst am 23. Mai 2014 zugestellt, also mehr als fünf Jahre nach Abmahnung der beklagten HEITECH Promotion GmbH.
2. Rechtliche Hintergründe
Primär geht es vor allem um die Rechtsfrage der Verwirkung der von HEITEC geltend gemachten markenrechtlicher Ansprüche.
Nachdem das Landgericht Nürnberg-Fürth sowie das Oberlandesgericht Nürnberg die in der Klage geltend gemachten Ansprüche für verwirkt hielten, sah der Bundesgerichtshof die Notwendigkeit, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH die jeweiligen Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Konkret lautete die Frage, ob bereits die Abmahnung durch den Inhaber der älteren Marke, also HEITEC, die Verwirkung verhindert oder, ob hierfür die Einschaltung einer Behörde bzw. ein gerichtliches Vorgehen erforderlich ist.
Darüber hinaus wollte der BGH vom EuGH wissen, ob es für die Berechnung des fünfjährigen Duldungszeitraumes im Sinne der einschlägigen europäischen Richtlinien im Falle eines gerichtlichen Rechtsbehelfs auf die Einreichung des Rechtsbehelfs bei Gericht oder den Zugang des Rechtsbehelfs beim Anspruchsgegner ankommt. Schließlich ging es um die Frage, ob die Verwirkung neben Unterlassungsansprüchen auch markenrechtliche Folgeansprüche, etwa auf Schadensersatz, Auskunft und Vernichtung erfasst.
Nach § 21 MarkenG sind markenrechtliche Unterlassungsansprüche grundsätzlich ausgeschlossen, soweit der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung die Benutzung dieser Marke während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat. Diese Regelung beruht auf Art. 9 Absätze 1 und 2 der EU-Markenrechtrichtlinie (EU) 2015/2436.
3. Entscheidung und Entscheidungsgründe
Nach Auffassung des EuGH sind die einschlägigen europarechtlichen Regelungen – Art. 9 der Richtlinie 2008/97 sowie die Art. 54, 110, 111 der Verordnung Nr. 207/2009 – dahingehend auszulegen, dass “eine Handlung, wie etwa eine Abmahnung, mit der sich der Inhaber einer älteren Marke oder eines sonstigen älteren Rechts der Benutzung einer jüngeren Marke widersetzt, ohne jedoch die für die Herbeiführung einer rechtsverbindlichen Lösung notwendigen Schritte zu unternehmen, die Duldung nicht beendet.” Eine Abmahnung beende dementsprechend auch nicht die Verwirkungsfrist.
Vereinfacht ausgedrückt: Eine Abmahnung reicht somit nicht für die Behauptung einer Verletzung der Markenrechte aus, erforderlich ist vielmehr ein gerichtliches oder behördliches Vorgehen.
Im Hinblick auf die Frage, ob es für den Zeitpunkt der Verwirkung auf die Einreichung oder die Zustellung der Klage ankommt, schloss sich der EuGH unserer Argumentation an und urteilt, dass – auch wenn es grundsätzlich auf die Einreichung ankomme – der Kläger nicht nachlässig sein dürfe, sondern das Verfahren soweit vorantreiben müsse, dass die Klage auch zugestellt wird. So sei es dem Kläger mit Blick auf die Rechtssicherheit nicht zugute zu halten, wenn er ein Verfahren zwar einleite, aber danach – eventuell sogar absichtlich – einen Schwebezustand belasse. Gleichwohl soll es nach Auffassung des EuGH darauf ankommen, ob der Kläger innerhalb des Fünfjahreszeitraums alles unternommen habe, um eine Zustellung zu bewirken. Im vorliegenden Fall hatte die HEITEC AG zwar rechtzeitig am 31. Dezember 2012 eine Klageschrift eingereicht. Das Gericht trat jedoch wiederholt an den Vertreter der HEITEC AG heran, um auf Mängel hinzuweisen, die die Zustellung verschiedener Klageschriften hinderten. So bezahlte die HEITEC AG beispielsweise den Gerichtskostenvorschuss erst ca. ein Jahr später.
Schließlich erstrecke sich die Verwirkung dem Urteil des EuGH zufolge auch auf sämtliche Neben- oder Folgeansprüche wie etwaige Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft oder die Vernichtung von Waren.
4. Bedeutung des Urteils
Die EuGH-Rechtsprechung konkretisiert vor allem den Umfang der Nutzung entsprechender Unternehmenszeichen und normiert Grenzen für die Geltendmachung markenrechtlicher Ansprüche durch die Inhaber älterer Rechte. Vor dem Hintergrund der dadurch geschaffenen Rechtsklarheit ist dieses Urteil daher sehr zu begrüßen.
Im Wesentlichen entspricht die Entscheidung den Entscheidungen der Vorinstanzen. Insbesondere ist erfreulich, dass der EuGH nun klargestellt hat, dass eine Abmahnung den Verwirkungszeitraum nicht unterbrechen kann und die Verwirkung auch Schadensersatzansprüche erfasst.

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brand eins Ranking – Kather Augenstein gehört erneut zu den besten Wirtschaftskanzleien Deutschlands 2022
Das Wirtschaftsmagazin brand eins zeichnet Kather Augenstein in seinem aktuellen Themenheft „Was kommt?“ als Top-Wirtschaftskanzlei 2022 aus und empfiehlt die Düsseldorfer IP-Boutique in der Kategorie Patentrecht erneut mit der höchstmöglichen Anzahl von vier Sternen.
Das Ranking der besten Wirtschaftskanzleien basiert auf einer unabhängigen Analyse und Befragung unter Rechtsanwälten und Inhouse-Juristen für 24 Rechtsgebiete. Insgesamt haben 2600 Juristen an der Erhebung teilgenommen, 411 Unternehmen schafften es in diesem Jahr auf die Liste.
Das vollständige Ergebnis der Besten der Branche wurde im aktuellen brand eins /thema (Heft 23) veröffentlicht.
Zur Interaktiven Deutschlandkarte und Bestenliste geht es hier.

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Herzlichen Glückwunsch an unsere Managing Partnerin Miriam Kiefer LL.M., die zum dritten Mal in Folge als führende IP-Anwältin im internationalen Verzeichnis der „Top 250 Women in IP“ von Managing IP in der IP Stars 2022-Rangliste ausgezeichnet wurde.
Gewürdigt werden erfahrene Rechtsanwältinnen und IP-Expertinnen aus dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, die im vergangenen Jahr außergewöhnliche Leistungen für ihre Mandanten und Unternehmen erbracht haben.
Die diesjährige Referenzliste umfasst mehr als 30 Rechtsgebiete weltweit, weitere Informationen sowie Zugang zum vollständigen Ranking erhalten Sie hier.

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LG Mannheim – Kather Augenstein erstreitet Schutz sensibler Daten auch im Zwangsvollstreckungsverfahren
Das LG Mannheim hat in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 13.10.2021 (Az. 2 O 73/20) Geheimnisschutzmaßnahmen nach § 145a PatG i.V.m. §§ 16 ff. GeschGehG in einem Zwangsmittelverfahren erlassen. Damit gelang es Kather Augenstein erstmalig, sensible Daten von Mandanten gegenüber Dritten zu schützen, die sonst frei zugänglich wären. Dies ist insbesondere deswegen bedeutsam, weil Auskünfte über patentverletzende Produkte insbesondere Angaben über die Gewinnkalkulation und damit oftmals das „Tafelsilber“ eines Unternehmens offenbaren. Die Entscheidung erlaubt damit zum ersten Mal, den Zugriff auf und die Verwertung von sensiblen Daten innerhalb der Organisation des Patentinhabers zu beschränken.
Das LG Mannheim hält § 145a PatG auf das Zwangsvollstreckungsverfahren für anwendbar. Dies begründet die Kammer damit, dass § 145a PatG für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der §§ 16 bis 20 GeschGehG in Patentstreitsachen maßgeblich sei. Es käme daher nicht darauf an, dass die Vorschriften §§ 16 bis 20 GeschGehG in ihrem originären Anwendungsbereich allein für das Erkenntnisverfahren gelten. Der Begriff der Patentstreitsache sei weit zu verstehen und würde Zwangsvollstreckungsverfahren umfassen, die zudem in § 145a PatG von dem Anwendungsbereich nicht ausgeschlossen seien. Eine etwaige Einschränkung könnte man zudem der maßgeblichen Gesetzesbegründung zu § 145a PatG nicht entnehmen.
In der Literatur wird im Gegensatz dazu prominent vertreten, dass § 145a PatG auf Zwangsvollstreckungsverfahren nicht anwendbar sei (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl. 2022, Kap. D, Rn. 117). Entscheidungen aus Düsseldorf, ob § 145a PatG auf Zwangsmittel- oder Ordnungsverfahren Anwendung findet, sind derzeit nicht bekannt. In der Vortragsveranstaltung „Düsseldorfer Richtergespräche“ haben sich die Vortragenden dazu nicht geäußert. Es bleibt daher spannend, ob sich Düsseldorf der Linie aus Mannheim anschließt.
Darüber hinaus dürfte sich in Zukunft zudem die Frage stellen, in welchen Fällen Gerichte zusätzliche Maßnahmen nach § 19 Abs. 1 GeschGehG erlassen. In dem vorliegenden Beschluss hat das LG Mannheim im Rahmen der gebotenen Abwägung zusätzliche Maßnahmen angeordnet. Dabei hat die Kammer insbesondere den Umstand herangezogen, dass die Auskunft und Rechnungslegung nur zweckgebunden sei und daher eine Einschränkung auf den Personenkreis für die Gläubigerin keinen Nachteil darstelle. Ob andere Gerichte ebenfalls eine Zweckbindung der Auskunft und Rechnungslegung in die Abwägung einfließen lassen, dürfte sich erst in der Zukunft zeigen. Spannend dürfte zudem auch sein, wie die Interessen der Parteien im Erkenntnisverfahren zukünftig abgewogen werden. Die Parteien können diese Fragen aber von vornherein umgehen, indem sie sich beispielsweise auf die Einschränkung der Personen außergerichtlich einigen.
Carsten Plaga

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„Metall auf Metall“, Urteil auf Urteil: Der Urheberrechtsstreit zwischen Kraftwerk und Moses Pelham
22 Jahre, 10 Urteile, alle Instanzen: Ausgerechnet ein Zwei-Sekunden-Ausschnitt des Songs “Metall auf Metall” der Band Kraftwerk hat einen langwierigen Rechtsstreit ausgelöst, der bis heute andauert und das Urheberrecht in Deutschland maßgeblich verändert hat. Worum geht es da genau?
Am Anfang steht ein sogenanntes Sample des Lieds “Metall auf Metall” der Band Kraftwerk. Der Hip-Hop-Produzent Moses Pelham entnahm einen zweisekündigen Ausschnitt des Lieds, das sogenannte Sample, und baute es in seinen Song “Nur mir” ein; allerdings ohne Zustimmung der Band. Kraftwerk gefiel das gar nicht – und verklagte Pelham wegen Verletzung von Tonträgerhersteller- und Urheberrechten auf Unterlassung und Schadensersatz.
Gang durch die Instanzen
Der Ansicht, dass es sich dabei tatsächlich um eine Rechtsverletzung handelte, dass also nur Kraftwerk eben diese zwei Sekunden Musik verbreiten dürfe, schlossen sich 2004, 2006 und 2008 Land- und Oberlandesgericht Hamburg und schließlich der BGH an. Sampling, der im Fachjargon verwendete Begriff für das Weiterverwenden von Tonspuren aus bestehenden Musikstücken, war damit nach der Auffassung der Gerichte vollständig illegal.
Doch: Der BGH ging in seinem Urteil 2008 auch auf §24 UrhG a.F. ein: Die freie Benutzung. Diese Regelung beschrieb, dass Künstler urheberrechtlich geschützte Werke verwenden dürfen, ohne den Urheber um Zustimmung zu bitten. Allerdings nur anregungsweise und wenn sich das neue hinreichend vom alten Werk unterscheidet.
Der Rechtsstreit zwischen Pelham und Kraftwerk sollte diese Regelung später noch zu Fall bringen. Zunächst aber stellten BGH und OLG Hamburg fest, dass Pelham die Sequenz auch hätte nachspielen können – damit das Sampling überhaupt nicht gebraucht hätte und § 24 UrhG a.F. im vorliegenden Falle nicht gelten könne.
Das Blatt wendet sich für Pelham und „Nur mir”
Pelham ließ sich auch die BGH-Entscheidung nicht gefallen und ging vor das BVerfG. Dort wurde ihm Recht gegeben: Der BGH habe den §24 UrhG a.F. zu eng ausgelegt, in Pelhams Kunstfreiheit sei dadurch in ungerechtfertigter Weise eingegriffen worden. Darüber hinaus müssten auch unionsrechtliche Bestimmungen in den Blick genommen werden. Hier wird die Angelegenheit komplizierter: Der EuGH teilte daraufhin auf Nachfrage mit, dass die freie Benutzung nach § 24 UrhG a.F. nicht mit der am 22. Dezember 2002 in Kraft getretenen InfoSoc-Richtlinie vereinbar sei. Vielmehr liege im Falle einer Verbreitung durch Pelham nach diesem Tag eine Rechtsverletzung vor. War das im fraglichen Zeitraum tatsächlich der Fall? Das OLG Hamburg prüfte und bejahte es.
Ein Ende in Sicht?
Eigentlich hätte das Verfahren hier enden können – vor dem 22. Dezember 2002 hätte Pelham die Rechte von Kraftwerk nicht verletzt, danach schon. Aber: In seiner Entscheidung dieses Jahres ließ das Oberlandesgericht Hamburg Revision zu: Seit dem 7. Juni 2021 gilt in Deutschland mit § 51a UrhG eine sogenannte Pastiche-Schranke. Die noch unklare Definition von Pastiche bezeichnet die Imitation von einem Werk in einem anderen, allerdings auf künstlerische oder gar unterstützende beziehungsweise wertschätzende Art. Damit wird ein neuer, ebenfalls zu beachtender Zeitraum aufgemacht, für den eine etwaige Rechtsverletzung – die das OLG Hamburg wohlgemerkt aktuell nicht sieht – vorliegen könnte.
Da allerdings noch insbesondere die unionsrechtliche Auslegung des Pastiche-Begriffes noch nicht deutlich ist, hat das OLG Revision zugelassen – die Mitglieder der Band rund um Gründungsmitglied Ralf Hütter haben sie erst am 13. Mai angenommen.
Es bleibt weiter spannend in einem Verfahren, dass stets sehr grundsätzliche Fragen zum Verhältnis von Kunstfreiheit und Urheberschutz aufgeworfen hat und verspricht, dies weiter zu tun.

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Patentrechtsmodernisierungsgesetz: Miriam Kiefer LL.M. referiert via Online Seminar bei JETRO
Die Japanische Außenhandelsorganisation (JETRO) hat unsere Managing Partner Miriam Kiefer LL.M. eingeladen, zu den aktuellen Entwicklungen des Zweiten Patentrechtsmodernisierungsgesetzes zu berichten.
Am 14. Juni 2022 gab Miriam Kiefer den Teilnehmern in ihrem 90-minütigen Vortrag einen Überblick zur Reform des Patentgesetzes in Deutschland. Die anschließende Diskussion über die Entwicklung der Rechtsprechung bei den Instanzgerichten spiegelte die Bedeutung der Reform für die Unternehmen wider.
Zum Hintergrund:
Seit der letzten großen Reform des gewerblichen Rechtsschutzes durch das Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts vom 31. Juli 2009 vergingen Jahre. Um die herausragende Stellung Deutschlands als Standort zum Schutz des geistigen Eigentums im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes auch künftig im europäischen und internationalen Vergleich zu gewährleisten, war zu überprüfen, ob die geltenden gesetzlichen Regelungen noch den Anforderungen entsprechen, die ein effektiver und ausgewogener Schutz von gewerblichen Schutzrechten erfordert.
Das Ergebnis der Überprüfung der Regelungen auf diesem Rechtsgebiet wurde mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts (in der Fassung des Rechtsausschusses) am 10. Juni 2021 vom Bundestag beschlossen (Video), am 25. Juni 2021 in der zweiten Bundesratsprüfung bestätigt und am 10. August 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Die Gesetzesreform konzentriert sich auf drei Bereiche: Erstens regelt das neue Gesetz fest, dass in Ausnahmefällen der Unterlassungsanspruch wegen Patentverletzungen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eingeschränkt werden kann. So bestimmt § 139 Abs. 1 S. 3 PatG nun, dass die Verletzung eines Patents den Verletzten nicht zwangsläufig zum Unterlassungsanspruch berechtigt, sondern dass dieser Anspruch einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterliegt. Im Falle der Einschränkung des Unterlassungsanspruchs soll dem Verletzten eine angemessene Entschädigung in Geld zustehen.
Zweitens soll der neue § 83 Abs. 1 S. 2 PatG, nach dem der Hinweis des Bundespatentgerichts innerhalb von 6 Monaten ab Zustellung der Klage erfolgen soll, der Beschleunigung des Nichtigkeitsverfahrens dienen. Hierdurch sollen Nichtigkeitsverfahren besser mit den Verletzungsverfahren vor den Zivilgerichten synchronisiert werden.
Drittens ist der neue Verweis in § 145a PatG auf die Vorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) in Patentstreitverfahren ein wichtiger Schritt, um den Schutz von Geschäftsgeheimnissen auch in Patentverletzungsverfahren zu gewährleisten.
Miriam Kiefer LL.M. und Dr. Christof Augenstein werden in der zweiten Jahreshälfte weitere Seminare mit der JETRO durchführen, diesmal zum Thema UPC.
Bereits in der Vergangenheit hat Dr. Christof Augenstein auf Einladung der JETRO einen Vortrag in Tokio zum Thema Patentverletzungsverfahren in Deutschland gehalten.
JETRO (Japan External Trade Organization), wurde 1958 vom japanischen Ministerium für internationalen Handel und Industrie (MITI) eingerichtet, um die japanischen Exportbemühungen zu unterstützen und zu fördern. Im 21. Jahrhundert hat sich der Schwerpunkt von JETRO auf die Förderung ausländischer Direktinvestitionen in Japan und auf die Unterstützung kleiner bis mittlerer japanischer Unternehmen bei der Maximierung ihres globalen Exportpotenzials verlagert.
JETRO hat 76 Auslandsniederlassungen in 55 Ländern weltweit sowie 48 Niederlassungen in Japan, einschließlich der Hauptsitze in Tokio und Osaka. In Deutschland ist JETRO mit drei Niederlassungen in Berlin, Düsseldorf und München vertreten.
Am 14. Juni 2022 gab Miriam Kiefer den Teilnehmern in ihrem 90-minütigen Vortrag einen Überblick zur Reform des Patentgesetzes in Deutschland. Die anschließende Diskussion über die Entwicklung der Rechtsprechung bei den Instanzgerichten spiegelte die Bedeutung der Reform für die Unternehmen wider.
Zum Hintergrund:
Seit der letzten großen Reform des gewerblichen Rechtsschutzes durch das Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts vom 31. Juli 2009 vergingen Jahre. Um die herausragende Stellung Deutschlands als Standort zum Schutz des geistigen Eigentums im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes auch künftig im europäischen und internationalen Vergleich zu gewährleisten, war zu überprüfen, ob die geltenden gesetzlichen Regelungen noch den Anforderungen entsprechen, die ein effektiver und ausgewogener Schutz von gewerblichen Schutzrechten erfordert.
Das Ergebnis der Überprüfung der Regelungen auf diesem Rechtsgebiet wurde mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts (in der Fassung des Rechtsausschusses) am 10. Juni 2021 vom Bundestag beschlossen (Video), am 25. Juni 2021 in der zweiten Bundesratsprüfung bestätigt und am 10. August 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Die Gesetzesreform konzentriert sich auf drei Bereiche: Erstens regelt das neue Gesetz fest, dass in Ausnahmefällen der Unterlassungsanspruch wegen Patentverletzungen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eingeschränkt werden kann. So bestimmt § 139 Abs. 1 S. 3 PatG nun, dass die Verletzung eines Patents den Verletzten nicht zwangsläufig zum Unterlassungsanspruch berechtigt, sondern dass dieser Anspruch einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterliegt. Im Falle der Einschränkung des Unterlassungsanspruchs soll dem Verletzten eine angemessene Entschädigung in Geld zustehen.
Zweitens soll der neue § 83 Abs. 1 S. 2 PatG, nach dem der Hinweis des Bundespatentgerichts innerhalb von 6 Monaten ab Zustellung der Klage erfolgen soll, der Beschleunigung des Nichtigkeitsverfahrens dienen. Hierdurch sollen Nichtigkeitsverfahren besser mit den Verletzungsverfahren vor den Zivilgerichten synchronisiert werden.
Drittens ist der neue Verweis in § 145a PatG auf die Vorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) in Patentstreitverfahren ein wichtiger Schritt, um den Schutz von Geschäftsgeheimnissen auch in Patentverletzungsverfahren zu gewährleisten.
Miriam Kiefer LL.M. und Dr. Christof Augenstein werden in der zweiten Jahreshälfte weitere Seminare mit der JETRO durchführen, diesmal zum Thema UPC.
Bereits in der Vergangenheit hat Dr. Christof Augenstein auf Einladung der JETRO einen Vortrag in Tokio zum Thema Patentverletzungsverfahren in Deutschland gehalten.
JETRO (Japan External Trade Organization), wurde 1958 vom japanischen Ministerium für internationalen Handel und Industrie (MITI) eingerichtet, um die japanischen Exportbemühungen zu unterstützen und zu fördern. Im 21. Jahrhundert hat sich der Schwerpunkt von JETRO auf die Förderung ausländischer Direktinvestitionen in Japan und auf die Unterstützung kleiner bis mittlerer japanischer Unternehmen bei der Maximierung ihres globalen Exportpotenzials verlagert.
JETRO hat 76 Auslandsniederlassungen in 55 Ländern weltweit sowie 48 Niederlassungen in Japan, einschließlich der Hauptsitze in Tokio und Osaka. In Deutschland ist JETRO mit drei Niederlassungen in Berlin, Düsseldorf und München vertreten.

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Managing IP zeichnet Kather Augenstein mit drei IP Stars 2022 aus
Jedes Jahr feiert Managing Intellectual Property (MIP) mit den IP Stars die IP-Branche und stellt die IP-Experten in den Mittelpunkt, die im Laufe des Jahres herausragende Leistungen erzielt haben.
Die Expertenauswahl ist das Ergebnis einer umfassenden und unabhängigen Studie, die sowohl auf Markt- und Kundendaten als auch auf Interviews mit Fachleuten und Vertretern der Branche basiert. Um eine Einstufung als IP Star zu erhalten, muss ein Anwalt eine bedeutende Anzahl an Empfehlungen von Mandanten, Peers und Mitstreitern erhalten.
Aus diesem Grund freuen und bedanken wir uns sehr, dass bei der diesjährigen Bekanntgabe der IP Stars 2022 erneut drei Experten von Kather Augenstein mit dem prestigeträchtigen Titel ausgezeichnet wurden. Senior Partner Dr. Peter Kather, Namenspartner Dr. Christof Augenstein und Managing Partner Miriam Kiefer LL.M. wurden zum Patent Star 2022 ernannt.
Die Recherchen für den IP Stars Guide decken über sechs IP-Praxisbereiche und mehr als 70 Rechtsordnungen ab und haben sich zur führenden Fachpublikation für den IP-Beruf entwickelt. MIP IP Stars ist eine führende Quelle für Unternehmen und Einzelpersonen, die erfahrene Anwälte für streitige und nicht streitige IP-Beratung suchen.

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Handelsblatt-Ranking „Deutschlands beste Anwälte 2022“: Kather Augenstein Rechtsanwälte zählen erneut zu den Besten
Auch dieses Jahr zählt das renommierte Ranking des US-Verlags „Best Lawyers“, das in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt jährlich erscheint, Dr. Peter Kather, Dr. Christof Augenstein, Miriam Kiefer LL.M., Christopher Weber und Sören Dahm im Bereich Gewerblicher Rechtsschutz zu Deutschlands besten Anwälten.
Das aktuelle Handelsblatt-Ranking basiert auf der 14. Ausgabe des Best-Lawyers-Ratings für Deutschland. Der US-Verlag Best Lawyers ist weltweit der älteste und einer der renommiertesten Verlage für solche Anwaltsrankings. In Deutschland ermittelt er exklusiv für das Handelsblatt die renommiertesten Rechtsberater in einem umfangreichen Peer-to-Peer-Verfahren. In diesem Verfahren werden Anwälte gefragt, welche Wettbewerber sie empfehlen können. Die Bestenliste erscheint jährlich Ende Juni exklusiv im Handelsblatt.
„Wir freuen uns sehr, dass wir in diesem Jahr gleich mit fünf Anwälten in der Liste vertreten sind und die Spitze erobert haben“, sagt Miriam Kiefer, Managing Partner von Kather Augenstein. „Das ist ein tolles Ergebnis!“
Die Handelsblatt-Liste 2022 mit Deutschlands besten Anwälten finden Sie hier.

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Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf: Besichtigungsverfahren bei laufendem Vergabeverfahren
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.03.2022 – Az. 15 W 14/21
Der 15. Zivilsenat des OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 23.03.2022 (Az. 15 W 14/21) entschieden, dass der Rechtsweg vor die ordentlichen Gerichte auch während eines laufenden Vergabeverfahren für Anträge auf Durchführung eines Besichtigungsverfahren sowie Duldungsverfügungen eröffnet ist. Das Gericht begründete im konkreten Fall außerdem, dass eine „Erprobung“ eine Verletzungshandlung i.S.v. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG sei und dass die Besichtigung auch bei dem Empfänger der Muster erforderlich sei.
I. ZUM SACHVERHALT
Die Antragstellerin ist Inhaberin eines Patents, das ein Waffenverschlusssystem betrifft. Sie bewarb sich, ebenso wie die Antragsgegnerin zu 1), auf eine europaweite öffentliche Ausschreibung der Antragsgegnerin zu 2) für die Herstellung und Lieferung von Sturmgewehren (Vergabeverfahren).
Nachdem die Antragsgegnerin zu 2) Vergleichsproben und Bemusterungen der von der Antragsgegnerin zu 1) eingereichten Muster durchgeführt hatte, teilte sie mit, dieser den Zuschlag erteilen zu wollen. Nachdem die Antragstellerin im Nachprüfverfahren eine Patentverletzung durch die Antragsgegnerin zu 1) rügte, erklärte sie jedoch die Wiedereröffnung der Phase der Angebotsbewertung, um die Antragsgegnerin zu 1) nach einem späteren externen Gutachten endgültig aus dem Verfahren auszuschließen.
Auf den Antrag der Antragstellerin, auf Anordnung eines Besichtigungsverfahrens und nach Erlass einer Duldungs- und Sicherungsverfügung gegenüber beiden Antragsgegnern, ordnete das LG Düsseldorf am 20.11.2020 das Besichtigungsverfahren nur gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) an. Das Besichtigungsverfahren wurde im Dezember 2020 durchgeführt.
Einen weiteren Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens gegen die Antragsgegnerin zu 2) wies das LG Düsseldorf mit Beschluss vom 17.08.2021 zurück. Der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin half es mit Beschluss vom 31.08.2021 nicht ab. Es begründete seine Entscheidung damit, dass es nicht zuständig sei und die Besichtigung zudem nicht erforderlich sei, da eine Besichtigung bei der Antragsgegnerin zu 1) möglich sei.
Das OLG Düsseldorf änderte den Beschluss teilweise ab und fasste ihn neu. Die weitergehende sofortige Beschwerde wies das OLG Düsseldorf zurück.
II. ZUR ENTSCHEIDUNG
1. ZUSTÄNDIGKEIT FÜR BESICHTIGUNGSVERFAHREN BESTEHT AUCH BEI LAUFENDEM VERGABEVERFAHREN
Das OLG entschied, dass es auch bei laufendem Vergabeverfahren für Anträge auf Durchführung eines Besichtigungsverfahren sowie Duldungsverfügungen zuständig sei.
Die aufdrängende ausschließliche Sonderzuweisung des § 156 Abs. 2 GWB stehe der Zuständigkeit nicht entgegen, da der Antrag auf Durchführung eines Besichtigungsverfahrens nicht auf einem Anspruch im Sinne der Norm beruhe. „Sonstige Ansprüche“ im Sinne des § 156 GWB könnten auch außervergaberechtliche Rechtsnormen sein, die subjektive Rechte gewähren und einen Bezug zum Vergabeverfahren haben. Insbesondere könne über § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB, in dem der Ausschluss von Unternehmen vom Vergabeverfahren wegen schwerer Verfehlungen geregelt ist, inzident auch eine Patentverletzung geprüft werden. Die Sonderzuweisung des § 156 Abs. 2 GWB betreffe allerdings nicht solche Ansprüche, mit denen kein Primärrechtschutz im Vergabeverfahren begehrt werde. Der beantragte Besichtigungsanspruch diene aber lediglich der Vorbereitung patentrechtlicher Ansprüche. Insoweit seien die ordentlichen Gerichte parallel zuständig. Die Geltendmachung patentrechtlicher Ansprüche solle während des laufenden Vergabeverfahrens nicht suspendiert sein.
2. BEMUSTERUNG UND ERPROBUNG IM VERGABEVERFAHREN KANN EIN PATENTVERLETZENDES GEBRAUCHEN I.S.V. § 9 S. 2 NR. 1 PATG SEIN
Das OLG Düsseldorf begründete außerdem, dass die Bemusterung und Erprobung eines patentverletzenden Gegenstandes im Vergabeverfahren ein „Gebrauchen“ im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG darstellen könne.
„Gebrauchen“ i.S.v. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG sei weit zu verstehen und umfasse jede sinnvolle im weitesten Sinne bestimmungsgemäße Verwendung. Bei Sachpatenten komme es insbesondere nicht auf den – in diesem Fall militärischen – Verwendungszweck an.
Zudem sei die Erprobung nicht durch § 11 Nr. 2 PatG privilegiert. Privilegiert sei lediglich die Gewinnung von Erkenntnissen über den Gegenstand der Erfindung. Im Vergabeverfahren dienten die Versuche allerdings nicht dem technischen Fortschritt, sondern lediglich der Durchsetzung wettbewerblicher Zwecke.
3. BESICHTIGUNG WAR ERFORDERLICH
Die Besichtigung sei auch erforderlich gewesen, da eine Kriegswaffe nicht am Markt erworben werden könne. Außerdem sei eine Besichtigung bei der Antragsgegnerin zu 1) nicht gleich geeignet gewesen. Die Antragstellerin habe bei der Besichtigung bei der Antragsgegnerin zu 1) verschiedene Zeichnungen mit unterschiedlichen Ausgestaltungen sowie Ausführungsformen gefunden, die der jüngsten Zeichnung vom Tag der Übergabe der Zeichnungen und Muster entsprächen. Da regelmäßig zunächst Zeichnungen erstellt und erst dann nachgebaut würden, läge es nahe, dass bei der Antragsgegnerin zu 2) andere, ältere Ausführungsformen aufgefunden werden könnten als bei der Antragsgegnerin zu 1).
Dr. Benedikt Walesch